Erfurt ganz unverblümt
Unterwegs mit Thuringia.MyCulture.

©Christian Fischer, TTG
Der Garten Thüringens
Meine Tour beginnt an einem wunderschönen Frühlingstag auf dem Gelände des egaparks - dem Garten Thüringens - wo mich weitläufige Wiesen, Blumenpracht und plätschernde Springbrunnen empfangen. Hier kann ich den Alltagsstress hinter mir lassen.
Der egapark Erfurt
©Christian Fischer, SWE/egapark
Ich belohne mich mit einem Eis für die vielen Schritte auf der 36 Hektar großen Fläche und führe meinen Spaziergang weiter Richtung Innenstadt fort. Die App Thuringia.MyCulture. leitet mich durch eine großzügige und gepflegte Parklandschaft, den Luisenpark. Vorbei an picknickenden Familien, in der Gera badenden Hunden, einer sportlich-ambitionierten Yoga-Truppe, die auf der Grünfläche teils skurrile Bewegungen vollzieht, geht es weiter zum Denkmal von Christian Reichart, direkt an der idyllisch gelegenen Pförtchenbrücke.
©Florian Trykowski, TTG
Wer war Herr Reichart?
Wüstenpflanzen in der Innenstadt
Mein Weg führt mich weiter flussabwärts in Richtung des Hauptbahnhofes. Ihm gegenüber liegt der Erfurter Stadtpark. Seine prächtige Freitreppe bildet sozusagen die Visitenkarte Erfurts, wenn man aus dem Hauptbahnhof auf sie zukommt. Mich lässt sie wegen der vielen Stufen kurz tief durchatmen. Nützt ja aber nichts – ich möchte mehr erfahren und erklimme die Stufen. Beim Aufstieg zum Stadtpark fallen mir die mit Kakteen bepflanzten Kübel auf und lassen mich stutzen. Tropische Kakteen mitten in Thüringen? Sie sind visuelles Zeugnis von Erfurts erfolgreicher Kakteenzucht-Vergangenheit. Die Firma von Friedrich Adolph Haage, bekannt als „Kakteen-Haage“, revolutionierte die kommerzielle Vermehrung der Kakteen und machte sie zu einem begehrten Deko-Objekt in bürgerlichen Haushalten. Oben angekommen sehe ich, wofür der Stadtpark bekannt ist: die streng geometrischen Gestaltungselemente, den Pavillon, den Sorgebrunnen und die botanischen Raritäten wie die Amur-Korkbäume und einen gewaltigen Maulbeerbaum.
Blumen per Post
Nach einer kurzen Verschnaufpause im Stadtpark führt mich mein Weg noch weiter in die Innenstadt, wo ich schon von weitem das gewaltige Hauptpostamt entdecke. Doch warum führt mich die Entdeckungstour zu einem Postamt? Ganz einfach: Über Jahrhunderte war der Anger Hauptumschlagplatz für Handel und Kommunikation in Erfurt. Voraussetzung für den Aufstieg zur Blumenstadt war ein gut funktionierender Warentransport. Bereits 1862 nutzten Erfurter Gartenbauunternehmen die Thüringische Eisenbahngesellschaft, um beispielsweise leicht verderblichen Blumenkohl als Eilgutfracht zu verschicken. Massenhaft wurden auch Pflanzenkataloge und Preislisten an Kunden mit der Post verschickt. 1884 wurde deutlich: Erfurt braucht ein mächtiges Postgebäude, um den blühenden Handel zu garantieren. Saatgut war eines der wichtigsten Produkte des Erwerbsgartenbaus. Der Verkauf erfolgte vor allem im Versandgeschäft, weshalb natürlich ein massives Postgebäude notwendig war. Bis heute setzt es ein Statement und ist Zeugnis für Erfurt als wahre Blumenstadt. Es gipfelte darin, dass der Bedarf nach Samen zum Ende des 19. Jahrhunderts enorm stieg. Es verbreitete sich eine regelrechte Leidenschaft für Blumendekorationen. Ein Blick auf das mit Blumenranken verzierte neogotische Kreuzgratgewölbe im Inneren der Post macht diese Bedeutung sichtbar.
©TTG
Der Erfurter Gartenbau erreichte im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinen Höhepunkt. Die innovativen Produkte der großen Erfurter Gartenbaudynastien waren rund um den Globus präsent. Der Wirtschaftszweig Gartenbau war profilgebend und verlieh Erfurt den Ruf als bekannte Blumenstadt. Ein Sinnbild dessen zeigt mir mein digitaler Reiseführer nur wenige Schritte vom Hauptpostgebäude entfernt: einen mächtigen Monumentalbrunnen am Anger, mit „Flora“ als Allegorie für die Blütezeit der Stadt.
Thüringer Gerstensaft
Nach meiner kurzen Rast am Brunnen und einer kleinen Erfrischung schlendere ich weiter vom Anger zum Fischmarkt und entdecke ein weiteres Highlight der Erlebnistour „Blumenstadt Erfurt“ – das Haus zum Breiten Herd am Marktplatz. Es ist eines der prächtigsten und auffälligsten Häuser in der Innenstadt. Eine strahlend-orange Renaissancefassade mit aufwendigen Verzierungen kündet vom Reichtum der Erbauer im 16. Jahrhundert. 1630 wurde das Gebäude erbaut, ein sogenannter Biereigenhof: Der Besitzer hatte damit das Recht, sein eigenes Bier zu brauen. Viele historische Häuser in Erfurt kann man noch heute an den „Bierlöchern“ über den Portalen als ehemalige Biereigenhöfe erkennen. In diese wurde früher Stroh gesteckt, wenn das Bier frisch gebraut war.
©Carlo Bansini, TTG
Bier kommt doch aber aus Bayern?
Nach einer interessanten und sehr entspannenden Tour durch Erfurts Gartenbaugeschichte mache ich mich mit einer Menge neuer Eindrücke auf den Weg nach Hause. Dank des digitalen Kulturreiseführers Thuringia.MyCulture. habe ich Erfurt besser und aus einem anderen Blickwinkel kennengelernt.
Die Bundesgartenschau 2021 lässt Erfurt ganz neu aufblühen – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin sehr gespannt auf all das Neue, was es zu entdecken gibt. Und ich freue mich darauf, dass auch die vielen Gäste meine Heimatstadt in voller Blüte lieben lernen.
Titelbild: ©Florian Trykowski / Christoph Hampe, TTG
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