Hier liegt ihr richtig! Ob in der Natur, mitten in der Stadt, für Familien, im Grünen, historisch oder traditionell: Unter Thüringens TOP-Gastgebern findet jede:r genau die passende Adresse.
Goethe, zum Greifen nah
Goethes Wohnhaus und Nationalmuseum
Johann Wolfgang von Goethe ist in Weimar, wo er 54 Jahre im Wirkungskreis des (Groß-)Herzogs Carl August verbrachte, omnipräsent: sein literarischer Nachlass im Goethe- und Schiller-Archiv, sein Gartenhaus im Park an der Ilm, seine letzte Ruhestätte in der Fürstengruft. Goethes nach eigenen Ideen klassizistisch umgebautes Wohnhaus am Frauenplan, dem wohl schönsten Platz der Stadt, bleibt jedoch Pilgerstätte Nummer eins.
Der Öffentlichkeit steht die Tür am Frauenplan zum Wohnhaus zwar nicht mehr offen, so wie einst den zahlreichen Gästen von Goethe, dafür eine ins Museumsfoyer nebenan. Und im Sommer Tore zu beiden Seiten. Sie gewähren kostenlose Einblicke in den Hof: hier das Waschhaus, dort die Kutsche, die der Geheime Rat oft für Fahrten in die nähere Umgebung in Anspruch nahm.
Der Besuch des Nationalmuseums nebenan verspricht mehr Tiefgang, erst recht ein geführter Rundgang. Etwa mit Bettina Werche, Kustodie Goethes Kunstsammlungen im Goethe-Nationalmuseum. Da vergehen zweieinhalb Stunden wie im Flug, die promovierte Kunsthistorikerin könnte locker Tage mit Anekdoten füllen. „Haben Sie gewusst“, fragt Werche, „dass seine geowissenschaftliche Sammlung rund 18.000 Gesteine, Mineralien und Fossilien umfasst und damit zu den umfangreichsten, bis heute erhaltenen Privatkollektionen um 1800 zählt?“
Goethes Lebensfluten
Die erste Station der seit 2012 laufenden Dauerausstellung „Lebensfluten – Tatensturm“ fängt eher mit Basisfakten an, ein Schnellkurs für Nicht-so-Sattelfeste. Goethes persönliche Meilensteine werden dort mit Gegenständen verdeutlicht, darunter ein Fausthandschuh als Anspielung auf sein größtes literarisches Werk oder eben ein Koffer mit Steinen. Daneben wird ein Reisemantel des Dichterfürsten ausgestellt, gegenüber hängt eine XL-Europakarte, die seine rund 40.000 Reisekilometer visualisiert. Darunter befinden sich – natürlich – auch die so anregenden nach Italien. „Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“, war Goethe überzeugt.
In der in sieben Themenwelten unterteilten Ausstellung finden Besucher jede Menge Schrift- und Kleidungsstücke, Gerätschaften wie eine „Kugel-Elektrisiermaschine“ aus dem 18. Jahrhundert, aber auch Rechnungen über heiße Schokoladen und Aufzeichnungen zu seiner berühmten Farbenlehre. Kurz: Es gibt unendlich viel zu erblicken, lesen, staunen.
Überdimensionale Faust-Suchmaschine
Mittendrin befindet sich die Faust-Galerie, ganz ohne Fenster und ohne Exponate. Hier geht es um Interaktion – und Worte. Wird auf einem Bildschirm eines aus 13.000 Substantiven angetippt, taucht es sogleich auf einem von der Decke hängenden Würfel auf, eingebettet in die entsprechende „Faust“-Passage. Auf zum Live-Experiment! Wie wäre es mit dem Begriff „Gottheit“? Klick und – schwupps – leuchtet ein Spruchband auf: „Ein wechselnd Weben, ein glühend Leben, so schaff' ich am sausenden Webstuhl der Zeit und webe der Gottheit lebendiges Kleid“. Der Proband staunt, Werche kommentiert: „Es geht bei der Faust-Installation um die Kraft der Sprache. Da kommt eine andere Atmosphäre auf, als wenn man von Vitrine zu Vitrine geht.“
Eine wieder andere, fast intime Atmosphäre herrscht drüben im Wohnhaus. Ehrfürchtig steigen Besucher das Treppenhaus empor. Wohl wissend, dass auch ER an eben diesem Ort weilte. Und viele dieser Zimmer fast genauso aussehen wie am 22. März 1832, als der Dichter hier starb.
Salve, Sammler!
Während die rückwärtigen Wohn- und Arbeitsräume eher andächtig anmutend, verwinkelt und durch schmale Treppchen und Türen verbunden sind, herrscht im Vorderhaus klassische Eleganz, etwa im Gelben Saal. Dort wurde – der auf dem Parkett vor der Türschwelle prangende Schriftzug „Salve!“, also: Sei gegrüßt!, ist legendär – empfangen, getagt, diskutiert. Jedenfalls gibt es in allen 18 Räumen viel zu entdecken: originale Möbel und Erinnerungsgegenstände von seinen Reisen. Dazu zählen Kleinplastiken, verschiedene Gipsabgüsse, Reliefs und Medaillen sowie Dutzende Majolika mit mythologischen und christlichen Motiven. Für diese Keramiken der italienischen Renaissance ließ Goethe sogar eigens Glasvitrinen bauen, die bis heute an ihrem Platz stehen. Zwei Räume weiter fungierte der Gipsabdruck einer kolossalen Büste, laut Goethe seine „erste Liebschaft in Rom“, als göttlicher Namensgeber des Juno-Zimmers. Zur Ausstattung des größten und am reichsten dekorierten Raums des Vorderhauses gehört auch ein Hammerflügel.
„Sammler sind glückliche Menschen“, soll Goethe gesagt haben. Was der demnach Überglückliche ebenfalls von sich gegeben hat: „Des Menschen Wohnung ist sein halbes Leben.“ Dass von Goethes Wohnung respektive Leben derart viel erhalten blieb, ist übrigens seinem kinderlosen Enkel zu verdanken, der den ungemein umfassenden Hausstand als Nachlass der Öffentlichkeit übergab. Das umfasst auch das voll ausgestattete Arbeitszimmer. Schade nur, dass heutzutage ein Gitter den Raumeintritt verwehrt.
Goethe digital
Nähe schafft der sogenannte Goethe-Apparat im Erdgeschoss, ein Digitalisierungsprojekt der Klassik Stiftung Weimar, das einen neuen sowie (von zwei Schwellen abgesehen) barrierefreien Zugang zum Genie ermöglicht. Konkret verleiht der Apparat Besuchern virtuelle Hände, um die Gegenstände, Notizen und alles, was sich um das Schreibpult und in den Schränken befindet, zu drehen, wenden und zu begutachten.
So viel steht fest: Dieses interaktive Erlebnis, das Forschung und Entertainment verbindet, ist einzigartig in der deutschen Museumslandschaft. Goethe ist halt auch hier mal wieder die Nummer eins.
Goethe in 30 Minuten
Hier geht es zum 360 ° Rundgang in Goethes Wohnhaus.
Titelbild: ©Gregor Lengler, Thüringer Tourismus GmbH
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