Im Land der Fürsten und Denker

Burgen Thüringens und ihre Persönlichkeiten

Hunderte Burgen prägen die Landschaft Thüringens. Für Herzöge, Landgrafen und Fürsten dienten sie als repräsentative Wohnsitze. Nur zu gern schmückten sich die Adelshäuser aber auch mit der kulturellen Elite ihrer Zeit, die für die deutsche und europäische Geschichte, Kunst und Kultur bedeutsam war. Lauscht den alten Gemäuern, wenn sie Anekdoten und Legenden über Heilige, Kaiser, Reformatoren und Künstler erzählen.

Dank des fürstlichen Repräsentationsbedürfnisses der Ernestiner, Schwarzburger und Fürsten von Reuß könnt ihr an den Höfen herausragende Kunstsammlungen, Bibliotheken, Archive und Wohnräume entdecken, die als Gedächtnisspeicher Leben und Ereignisse der letzten 1.000 Jahre dokumentieren.

Die Heilige Elisabeth lebte und wirkte auf Thüringens Burgen

In der 1067 hoch über Eisenach gegründeten Wartburg ist dieser Speicher besonders gut gefüllt. So erzählen monumentale Fresken von Walther von Vogelweides Sängerkrieg, der als eine Wiege der deutschen Literatur gilt. In einer kleinen Kammer will ein unscheinbarer Tintenfleck an der Wand bezeugen, wie Martin Luther während der Übersetzung der Bibel mit sich und dem Teufel rang. Johann Wolfgang von Goethe wollte gar auf der Burg ein Museum einrichten, Richard Wagner reichte derweil ein Blick aus der Kutsche auf die Wartburg als Inspiration für seinen „Tannhäuser“.

Dass auf der Wartburg auch eine wahre Heilige lebte und wirkte, geht leider oftmals im Getöse der „großen Stars“ unter. Dabei sind ganze Bücher vollgeschrieben mit den Taten und Wundern der frommen Landgräfin Elisabeth, die zweifellos die bedeutendste mittelalterliche Frauenpersönlichkeit war und eine europaweit verehrte Heilige ist. Auf einem Rundgang durch den Palas könnt ihr in der Elisabethkemenate, dem mittelalterlichen Frauengemach, und in der Elisabethgalerie auf prächtigen Mosaikbildern das Leben Elisabeths von Thüringen nachempfinden. Bereits als Vierjährige kam die Tochter Königs Andreas II. von Ungarn 1211 auf die Wartburg, wo sie zehn Jahre später den Landgrafensohn Ludwig ehelichte. Vom prunkvollen Leben an einem der vornehmsten Höfe Europas hielt sie aber nicht viel, stattdessen widmete sie sich dem Leben nach einem strikten Armutsideal franziskanischen Vorbilds und der Hilfe Bedürftiger. Elisabeth werden auch zahlreiche Wunder zugeschrieben, dass bekannteste ist das Rosenwunder: Als sie eines Tages wieder Speisen und Gaben zu den Notleidenden trug, begegnete ihr der Landgraf, der sie fragte: Was trägst du da? Sie antwortete mit unsicherer Stimme „Herr, Rosen!“ – „Zeige her!“ rief der Landgraf und hob die Hülle vom Korb. Der war voll Rosen, obwohl Winter war…

In ihrer Thüringer Zeit verweilte Elisabeth auch auf der nur wenige Kilometer von Eisenach entfernten Creuzburg, auf der sie 1222 ihren Sohn Hermann zur Welt brachte. Auf der Runneburg in Weißensee nahm sie 1225 an einem der größten Hoftage Thüringens teil. Beide Burgen gehören zu den imposantesten romanischen Burganlagen Deutschlands. Heute erinnert auf der restaurierten Creuzburg die Elisabethkemenate an die mildtätige Frau.

Bach im Gefängnis und Goethe verliebt

Heilig gesprochen wurden Johann Sebastian Bach (1685-1750) und Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) nicht. Dafür kommt ihre Verehrung in der Welt der Musik und der Literatur einer Heiligenanbetung gleich. Begegnet sind sich die beiden Genies mit ziemlicher Sicherheit nie. Aber sie haben beide eine Weimarer Vergangenheit. Die des berühmtesten Sprösslings der Bach-Dynastie endete nach zehn Jahren traurig im Gefängnis der Bastille des Residenzschlosses. Das prächtige Schloss, heute Teil des UNESCO-Weltkulturerbes „Klassisches Weimar“, war dereinst, nachweislich seit dem 10. Jahrhundert, eine Wasserburg der Grafen von Weimar-Orlamünde. Erst fünfhundert Jahre später wurde die damals Hornstein genannte Burg als wichtigste verbliebene Residenz der ernestinischen Herzöge zum Renaissanceschloss ausgebaut.

Im Torhaus der vorgelagerten Bastille, zu der noch ein Schlossturm und das Hofdamenhaus gehören, schmollte also Johann Sebastian Bach für ganze vier Wochen in der Landrichterstube. Wegen "Halsstarrigkeit“! Weil er eine Stelle am Hof Fürst Leopolds von Köthen angenommen hatte, allerdings vergaß er, sich die Zustimmung seines bisherigen Weimarer Arbeitgebers Herzog Wilhelm Ernst einzuholen. In den heutigen Ausstellungsräumen im Torhaus könnt ihr zu den Klängen von Bachs Meisterwerken multimedial seine Weimarer Zeit nacherleben. Und vielleicht findet ihr in dem vier Mal vier Meter kleinen Raum neue Beweise dafür, dass Bach genau hier das „Wohltemperierte Klavier“, also das "Alte Testament" der Klaviermusik wie es der Dirigent Hans von Bülow nannte, verfasst hat. Bewiesen ist das nämlich noch nicht.

Bewiesen ist dagegen mittels Tagebucheintrag und Briefverkehr, dass Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Bachs Musik hörte und schätzte. Belegt ist auch, dass sich das Universalgenie für die Felsenburg Buchfart in der Nähe von Weimar interessierte. „Kennst du die Burg, gegraben in bergigen Felsen, der aus dem Tale hochragend zum Himmel emporstrebt?“, schrieb Goethe einem Freund. Immer wieder kam er an den Höhlen vorbei, wenn er von Weimar über Buchfart nach Großkochberg wanderte oder ritt, um Frau von Stein auf ihrem Landsitz zu besuchen. Heute könnt ihr auf dem „Goethe-Erlebnisweg“ wandeln, um zu der historischen Felsenburg zu gelangen. Die am Muschelkalk-Steilhang der Ilm gelegene Burg ist die einzige Höhlenburg Thüringens.

Wahrscheinlich wurden die noch heute sichtbaren Kammern und Aushöhlungen seit dem 10. Jahrhundert als Zufluchtsstätten in den Berg getrieben. Es ranken sich aber auch viele Sagen um die Felsenburg, wie die von Trutina, dem Wunderfräulein des Berges. Aus Sicherheitsgründen, nicht wegen Trutina, ist der Zugang aktuell gesperrt. Nur aus der Ferne lässt sich die beeindruckende Größe der Felsenburg erkennen.

Die Wasserburg Kapellendorf als Hauptquartier der Preußen

Die Wasserburg Kapellendorf im Weimarer Land ist heute ein beliebter Ausflugsort mit Museum, Burghof, bunten Märkten sowie Musik- und Theaterveranstaltungen. Mit ihren im 14. Jahrhundert erbauten Ringmauern, Wehrtürmen und einem breiten Burggraben war sie geradezu prädestiniert als Hauptquartier eines großen Teils der preußisch-sächsischen Armee während der Schlacht 1806 bei Jena und Auerstedt gegen die Truppen Napoleons.

In Cospeda erinnert ein Museum an die Schlacht bei Jena. Von hier aus könnt ihr auf den acht Kilometer langen NapoleonPfad entlang der Saalehorizontale einsteigen. Auf dem höchsten Punkt des heutigen Naturschutzgebietes Windknollen steht der „Napoleonstein“.

Der französische Kaiser besuchte während der französischen Besetzung Erfurts zwischen 1806 und 1814 mehrmals die Stadt und die Zitadelle auf dem Petersberg. Letztmals 1813 auf der Flucht nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig. Dabei führte Napoleon mit seinem weißen Schimmel auf den Wällen halsbrecherische Reiterkunststücke auf. Zeitzeugen berichten, der Kaiser wollte sich in den Tod stürzen, um der Schmach der Niederlage zu entgehen. Wahrheit oder Legende? Findet es heraus, die dicken Mauern der barocken Festung verbergen noch viele Geheimnisse.

 

Titelbild: Burg Creuzburg, ©Marc Paulus, MARXPIX 


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