Der Streckentüftler

 Andreas Albrecht

Andreas Albrecht macht am liebsten das, was er am besten kann: Mountainbike fahren, neue Gebiete erkunden und abwechslungsreiche MTB-Touren designen, die individuell nachgefahren werden können. Mit seiner Leidenschaft hat er die bekannte Albrecht-Route von Garmisch-Partenkirchen an den Gardasee entwickelt und einen Guide für die Mittelmeerinsel Elba geschrieben. Jetzt setzt er sich für seine Heimat, den Thüringer Wald, ein.

Im Mountainbike-Sport ist Andreas Albrecht eine kleine Legende. Seine von Garmisch-Partenkirchen zum Gardasee konzipierte Strecke ist eine der meistgefahrenen TransAlp-Routen, die angebundenen Unterkünften bis heute zahllose radbegeisterte Übernachtungsgäste und ihm einen eigenen Wikipedia-Eintrag beschert hat. Der Thüringer hat sich einen Namen im In- und Ausland gemacht – und gibt eben diesen nur für Projekte her, hinter denen er zu einhundert Prozent steht. „Ich mache es richtig oder gar nicht“, sagt er. 

Wie gut, dass er vollkommen hinter seiner Thüringer Heimat steht – und hier Mountainbike-Routen kreiert, die Einheimischen neue Inspiration für ausgiebige Touren bieten und Radtouristen anlocken sollen. Die ausgefeilten Touren führen über Stock und Stein, mal entlang schmaler Singletrails, mal über breitere Forstwege mit eindrucksvollen Panoramen, mal knackige Anstiege hinauf und knifflige Abfahrten hinunter. „Es muss rollen, einen roten Faden haben: Ein lohnendes Ziel, am besten mit einem Aussichtspunkt, gekrönt von einer guten Einkehr. Die Tour soll kein sinnloses Abspulen von Höhenmetern sein, sondern ein Gefühl für die Region geben.“

Lieblingsfach Geografie

Andreas hat in den 1960er-Jahren zum Radsport gefunden. Beim Besuch der Großeltern im idyllischen Floh-Seligenthal ist er auf dem Fahrrad seiner Tante durch die bergige Landschaft gedüst. Später hat der gebürtige Erfurter viele Kilometer im dortigen Steigerwald abgespult. „Ich hatte nie einen leistungssportlichen Anspruch, deswegen ist die Freude am Radfahren auch nie verloren gegangen.“

Nach dem Abitur studierte er Psychologie in Jena. Bis zum Mauerfall arbeitete er in dem Beruf, suchte dann aber einen neuen Job in der Fortbildung bei einer Versicherung. Mitte der 1990er Jahre entdeckte er das Mountainbike für sich – und damit seine wahre Passion. „Ich bin in den Alpen meine ersten Touren gefahren, ohne GPS, nur mit Landkarten und einem Kompass“, erinnert er sich. Schon als Teenager hätte Andreas stundenlang auf Karten starren können, Geografie war eines seiner Lieblingsfächer in der Schule. 

Genau diese Leidenschaft half ihn, sich in den hohen Bergen zu orientieren, die besten Strecken zu finden. Seine Erfahrungen teilte er auf seiner selbstgebauten Webseite, die schnell auf Resonanz stieß. „Die Leute haben die Berichte ausgedruckt und sind die Touren nachgefahren. Die Hotels haben mir berichtet, dass immer mehr Mountainbiker zu ihnen kommen und sich auf meine Route beziehen. Wenn ich das höre, geht mir das Herz auf.“ 

Laptop gegen Fahrradhelm getauscht

Im Jahr 2004 veröffentlichte er seine bis dato bekannteste Route, die in sieben Tagen von Garmisch-Partenkirchen nach Torbole am Gardasee führt – und am Vorbild anderer Strecken einfach Albrecht-Route getauft wurde, „in einem Anfall von Größenwahn“, sagt Andreas und lacht laut. Es war der Startpunkt für seine Karriere auf zwei Rädern: Mit Mitte 40 packt er die Chance beim Schopfe, tauscht den Laptop gegen Fahrradhelm, um sich als Autor und Guide selbstständig zu machen, im Winter als Skating-Lehrer zu arbeiten und Projekte umzusetzen, die sein Herz höherschlagen lassen.

Dazu gehört die Alpenregion und der Gardasee, aber auch die Mittelmeerinsel Elba, auf die Napoleon verbannt wurde. Und nun also Thüringen, seine Heimat. „Um ehrlich zu sein, ist es viel einfacher, eine Alpentour zu entwickeln, weil das Wegenetz klar definiert ist. Im Thüringer Wald gibt es extrem viele Wege mit riesigem Potenzial. Wir haben alles da, was man für eine gute Tour braucht und müssen es nur nutzen.“

Rund um Saalfeld hat er mit viel Herzblut gleich sechs Touren detailliert ausgearbeitet. Sie führen sternförmig um die Feenstadt und sollen den Mountainbikern, die sie nachfahren, ein gutes Gefühl für die Region geben. Dafür hat Andreas das Gebiet – das Feen Bike Paradies – selbst bis ins kleinste Detail und mit viel Akribie erkundet: Er saß über Tage und Wochen auf dem Sattel, hat sich Notizen gemacht und sich mit Locals aus der Szene ausgetauscht. Und er hat daran getüftelt, wie er die Höhepunkte der Gegend – abseits der asphaltierten Straßen und Autoverkehrs – ideal miteinander verbinden kann, „authentisch und ohne Schickimicki, aber so, dass sich die Leute auf die Angaben verlassen können. Man muss halten, was man verspricht. Das schätzen sie am meisten.“

Drei Touren um Bad Tabarz

Genauso ist er auch in Bad Tabarz vorgegangen, wo er früher Kondition für seine TransAlp-Touren aufgebaut und nun sein Know-how für drei Mountainbike-Touren eingebracht hat: Feintuning am I-Berg-Ride, der über die Strecke des bekannten Inselbergmarathons mit anspruchsvollen Rampen und rasanten Trails führt und nach vielen Höhenmetern mit phänomenalen Ausblicken belohnt; die Tour „Tabarz kompakt“ links und rechts des herrlichen Lauchagrunds und die etwas kürzere Tour „Tabarz light“ für die schnelle Feierabendrunde.

Individuell erlebbar, bieten sich all diese Strecken für einen lohnenden Kurzurlaub oder auch als abwechslungsreiches Mehrtages-Programm an. Sie sind sowohl für Genuss-Mountainbiker als auch für ambitionierte Rad-Enthusiasten geeignet; egal, ob sie mit eigener Muskelkraft unterwegs sind oder mit motorisierter Unterstützung. Diese scheut übrigens auch ein fitter Sportler wie Andreas nicht. Er ist sogar nur noch mit dem E-Bike unterwegs, außer wenn ich beim Bäcker Brötchen hole und mein altes Fahrrad mit Körbchen raushole.“