
Wettstreit der Thüringer Fürstentümer
Wettiner, Schwarzburger, Henneberger, Reußen
Der Reichtum an prunkvollen Schlössern, barocken Gärten, alten Hofbibliotheken und kunstvollen Sammlungen in Thüringen wurde durch die Dynastien verschiedener Herrscherfamilien geprägt. Nach dem Ende der Thüringer Landgrafen bestimmten maßgeblich Wettiner/Ernestiner, Schwarzburger, Henneberger (bis 1583) und Reußen die Region.

Gothas Wiedergeburt: Friede ernähret, Unfriede verzehret.

Volker Mehnert
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.04.2022
Betrachtet man eine thüringische Gebietskarte aus dem 18. Jahrhundert, so präsentiert sich ein bunter Flickenteppich aus kleinsten Fürstentümern. Entstanden sind die winzigen Herrschaftsgebiete durch Erbteilung in der männlichen Linie. Hatte ein Fürst vier Söhne, so wurde sein Fürstentum gevierteilt. Dadurch entwickelten sich kleinste Residenzen.

Das ernestinische Haus Sachsen-Coburg und Gotha ist noch heute berühmt. Queen Elizabeth II. ist eine direkte Nachfahrin, auch wenn sich das britische Herrscherhaus aus politischen Gründen 1917 in Haus Windsor umbenannte. 1918 mussten nach dem deutschen Kaiser auch alle Fürsten in Thüringen abdanken, zuerst die Ernestiner, dann die Reußen und zum Schluss die Schwarzburger. Am 1. Mai 1920 vereinigten sich die Kleinstaaten zum Land Thüringen.Das Erbe der „Kleinstaaterei“ ist bis heute spürbar. Vor allem die Dynastie der Ernestiner hat den vielfältigen kulturellen Reichtum Thüringens geprägt.

Ab dem 16. Jahrhundert engagierten sich die verschiedenen ernestinischen Herzogtümer Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg in Politik, Kultur und Bildung. Es entwickelte sich eine europaweit einzigartige Theater- und Orchesterlandschaft. Bedeutende museale Sammlungen wurden begründet, die bis heute besichtigt werden können. An den Musenhöfen von Weimar und Gotha entstanden Zentren der europäischen Aufklärung. Voltaire, Goethe, Napoleon, Friedrich der Große waren gern gesehene Gäste. Im 19. Jahrhundert heirateten die Ernestiner in die mächtigen europäischen Königsfamilien.

Die Schwarzburger blicken neben den Wettinern/Ernestinern auf eine besonders lange Herrschaftszeit zurück. 1123 erstmalig erwähnt, erhob sie ein Ereignis über alle anderen Dynastien in Thüringen. Günther XXI. von Schwarzburg-Blankenburg wurde 1349 zum deutschen Gegenkönig gekrönt. Auch wenn seine Herrschaft nur 115 Tage dauerte, prägten Rang und Würde die Schwarzburger jahrhundertelang. Durch die Erhebung in den Fürstenstand um 1700 konnten sie ihre Macht gegenüber den Ernestinern manifestieren. Die ehemalige Residenz in Rudolstadt spiegelt mit der Heidecksburg den Glanz dieser Zeit wider. Der barocke Bau wurde nach französischem Vorbild akribisch geplant und unter dem fürstlichen Baudirektor Gottfried Heinrich Krohne kostspielig in die prachtvolle Anlage umgesetzt.

An dritter Stelle steht das Haus der Reußen, das auf die Vögte von Weida und Plauen zurückgeht. Den lateinischen Namen Ruthenus (deutsch Reuß) trug erstmals Heinrich der Jüngere im 13. Jahrhundert, da er sich für längere Zeit in den Gebieten Osteuropas aufhielt, die damals als Ruthenien bezeichnet wurden.
Das Schloss Burgk thront malerisch hoch über der Saale. In der ehemaligen Residenz der Reußen lässt sich die fürstliche Wohnkultur des 18. Jahrhunderts mit Schlossküche, Bettalkoven und Rittersaal bewundern. In der Schlosskapelle steht eine Silbermannorgel.
© Leika Kommunikation (Ute Lieschke, Johanna Brause)
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